Anfangs macht der Hunger Deines Kindes auch nicht in den tiefsten Nachtstunden halt. Schläft das Baby im eigenen Bettchen, ist es für Mütter oft kräftezehrend, mehrmals in der Nacht aufzustehen und im Halbschlaf ins Kinderzimmer zu finden, wenn das Kind sich meldet. Viele Eltern haben deswegen in den ersten Monaten das Bettchen im Schlafzimmer stehen, um so den Weg so kurz wie möglich zu halten. Es gibt jedoch noch eine andere Alternative: Das Einschlafstillen.
Beim Einschlafstillen, auch Breastsleeping, oder auch Co-Sleeping genannt, schläft das Kind mit im Elternbett an die Mutter geschmiegt. Die Eltern merken dadurch sehr früh, wenn das Baby an die Brust möchte und es kann dann ganz einfach und schnell angelegt werden, ohne dass Mütter sich extra aus dem Bett schälen müssen. Meist schläft das Baby direkt an der Brust ein, auch die Mutter kann so viel schneller wieder in den Schlaf finden. Das Schlafen und Stillen im gemeinsamen Bett wirkt sich positiv auf die Stilldauer und Milchbildung aus, denn beim Einschlafstillen wird im Schnitt doppelt so oft gestillt wie wenn das Kind im Beistellbettchen liegt. Mutter und Kind passen ihren Schlafrhythmus besser aufeinander an und finden schneller wieder in den Schlaf. Dies liegt unter anderem auch an dem in der Muttermilch vorhandenen Tryptophan, das im Körper des Babys zum Schlafhormon Melatonin umgewandelt wird. Mütter können durch die stressfreieren Nächte im Schlaf mehr der wichtigen Energie tanken, die sie für den kommenden Tag benötigen.
Durch den engen Körperkontakt erkennen Eltern sehr früh, wenn das Kind an die Brust möchte, ohne dass es in ein Weinen oder Schreien ausartet. Kinder, die im Bett gestillt werden, fahren somit gar nicht erst ihr Stresslevel so hoch wie Kinder, die in einem anderen Zimmer ihre Eltern durch Weinen auf sich aufmerksam machen müssen. Babys sind somit viel entspannter, was sich auch positiv auf die Eltern und ihren Schlaf auswirkt.
Evolutionsbiologisch gesehen, fällt diese Art des Stillens unter die natürliche Versorgung im Sinne unserer steinzeitlichen Vorfahren. Babys gelten als Traglinge und lieben bekanntlich den engen Kontakt zu ihren Eltern. Schon bei unseren Vorfahren wurden sie deswegen dicht am Körper der Mutter getragen, auch nachts schlief das Baby eng an die Mutter gekuschelt, damit diese es vor jeglichen Gefahren schützen konnte. Zwar lauert heutzutage kein Säbelzahntiger mehr um die Ecke und Babys sind generell weniger reellen Gefahren ausgesetzt als früher, jedoch schlägt ihr Instinkt wortwörtlich Alarm, wenn sie sich unwohl oder bedroht fühlen. Beim Breastsleeping wird Kindern durch den elterlichen Körperkontakt „Ich bin für dich da und beschütze dich“ vermittelt, der Herzschlag und der Atem von Vater und Mutter können beruhigender wirken als jedes Schlaflied. Das Einschlafstillen erfüllt so den natürlichen Instinkt des Kindes, in der Nähe der Eltern sein zu wollen. Durch das häufige Anlegen wird das Stillen gefördert und das Kind mit wertvoller Muttermilch versorgt.
Was gibt es beim Einschlafstillen zu beachten?
Zum Einschlafstillen gab es in den vergangenen Jahren einige Debatten, die Mütter zu Recht sehr verunsichert haben. Viele möchten dem eigenen Impuls folgen und ihr Kind zu sich ins Bett nehmen, sind jedoch unsicher, ob sich dies negativ auf die Gesundheit ihres Kindes auswirken kann. Mittlerweile haben sich viele wissenschaftliche renommierte Ärzte auf den Forschungsgebieten des Plötzlichen Kindstodes (SIDS) und des Mutter-Kind-Schlafes positiv zum Teilen des Bettes geäußert und sich eindeutig dafür ausgesprochen: Das Bedsharing ist sicher und trägt, wenn man es richtig ausführt, kein Risiko zum Plötzlichen Kindstod. Das Risiko ist tatsächlich viel höher, wenn übermüdete Eltern mit ihren Kindern auf dem Sofa oder dem Sessel einschlafen.
Beim Einschlafstillen schläft das Kind seitlich oder auf dem Rücken auf Brusthöhe der Mutter. Diese umgibt das Kind in der sogenannten ‚Cuddle Curl Position‘ C und umrandet das Kind so auf sichere Weise wie ein natürlicher Schutzwall.
Dadurch, dass der Kinderkopf auf Brusthöhe und nicht auf Höhe der Kissen gelagert ist, fällt die Wahrscheinlichkeit, dass ein Kissen die Atemwege blockiert, deutlich gering aus. Kinder, die mit im Bett schlafen, sollten entweder auf der Seite, oder auf dem Rücken schlafen – das Schlafen auf dem Bauch kann das Risiko für den Plötzlichen Kindstod erheblich erhöhen. Die Raumtemperatur sollte etwa zwischen 16 und 18 Grad liegen, das Kind kann zusätzlich in einem Schlafsack schlafen, falls es im Raum kühler ist. Eine Überhitzung sollte in jedem Fall vermieden werden, weswegen dicke Decken oder dicke Kissen vom Kind ferngehalten werden sollten.
Damit das Kind und vor allem der Kopf nicht zu weit einsinken, sollte die Matratzenoberfläche relativ fest sein, wie bei einer Babymatratze. Tiere oder andere Kinder sollten mit einem Säugling eher nicht mit im Bett schlafen, um ein Erstickungsrisiko zu vermeiden. Auch sollten sich Eltern nie alkoholisiert mit ihrem Baby ins Bett legen oder dieses im Bett unbeaufsichtigt oder alleine lassen. Säuglinge sollten zudem keinem Zigarettenrauch in Räumen ausgesetzt werden. Wenn nicht alle Sicherheitsmaßnahmen umzusetzen sind, kann das Baby alternativ auch in einem (geflochtenen) Babynestchen mit im Elternbett schlafen. Handelt es sich um ein Frühchen, sollte dieses nicht mit ins Bett genommen, sondern in ein Beistellbett gelegt werden. Beachtet man ein paar Sicherheitsregeln, steht dem gemeinsamen und sicheren Kuscheln nichts im Wege.
Welche Vorteile bietet das Einschlafstillen?
- Viel Hautkontakt stärkt die Bindung zwischen Eltern und Kind und die Bildung von Oxytocin, dem Kuschelhormon, das auch beim Stillen freigesetzt wird.
- Durch das entspannende und intuitivere Anlegen wird im Schnitt die Stilldauer verlängert, was sich positiv auf die Gesundheit von Mutter und Kind auswirkt. Stillen schützt die Mutter beispielsweise besser vor Brustkrebs und senkt zudem das Risiko für den Plötzlichen Kindstod.
- Da Babys auch nachts viel Kontakt mit ihrer Mutter haben, fühlen sie sich sehr sicher und geborgen. Durch die körperliche Nähe und die schnelle Möglichkeit zum Stillen kommt es beim Baby seltener zu ‚Aufreibungen‘ wie Weinen oder Schreien, da es sehr früh auffällt, wenn das Baby gestillt werden möchte. Babys, die bei ihren Müttern schlafen, werden laut Studien zwar öfter wach, da sie die Muttermilch riechen und dadurch öfter Appetit bekommen, sie schlafen im Schnitt aber schneller wieder ein und müssen nicht zusätzlich beruhigt werden. Je mehr sich die Situation einpendelt, desto weniger werden Kind und Mutter völlig aus dem Schlaf gerissen, da beide irgendwann aufeinander eingespielt sind.
- Kinder, die im Bett gestillt werden, trinken in der Regel öfter und mehr. Muttermilch ist die gesündeste Ernährungsform für ein Kind und hat viele protektive Vorteile für die kindliche Entwicklung.
- Wenn Du das Einschlafstillen gerne ausprobieren möchtest, aber noch etwas unsicher bist, dann tausche Dich mit Deiner Hebamme oder mit Eltern aus, die dies praktizieren.
Referenzen:
Blai P et al. Bedsharing and Breastfeeding: The Academy of Breastfeeding Medicine Protocol #6. 2019.
Mc Kenna JJ, Gettler LT: There is no such thing as infant sleep, there is no such thing as breastfeeding, there is only breastsleeping. Acta Paediatrica 2015.
Stilllexikon. Breastfeeding, ein Paradigmenwechsel. [zuletzt aufgerufen am 08.05.2024]. URL:
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